Donnerstag, 25. Oktober 2007

Knochenarbeit

1a - Ich öffne die Damentoilettentür. Gehe den Flur entlang. Öffne eine Kabinentür.
Ein Rinderknochenmann starrt mich an.
Ich fliehe.
1b - Ich öffne die Damentoilettentür. Im Gang steht der Regisseur; Jeansoverall, gelbe Gummihandschuhe, Mundschutz, wild fliegende lange Haare.
"So, allet klar!"
Ich fliehe.
1c - Ich öffne die Damentoilettentür. Es riecht nach Chlor.
Misstrauisch nach rechts und links schauend durchquere ich den Flur.
Öffne eine Kabinentür. Inspiziere die Wände und Ablage.
Begebe mich schließlich hinein und schließe erleichtert ab.
2 - Im Flur steht eine Tüte.
Blutige Rinderknochen mit Fleischrückständen befinden sich darin.
3 - Im Flur steht ein Eimer.
An einer Querstange befestigt baumeln halb gereinigte Rinderrippen.
4 - Auf dem Küchentisch liegt eine Tüte.
Ein Knochenvorsprung hat sich durch das Plastik gebohrt und ragt steil in die Luft.
5 - Im Kühlschrank liegt eine Tüte.
Schweineknochen sind darin aufgeschichtet.
6 - Im Kühlschrank steht ein Topf.
Aufgeweichte Schweineknochen schwimmen darin.
7 - Im Tiefkühlfach liegt nichts mehr.
Nachschub wird geholt werden müssen.
8 - In der Werkstatt steht Natronlauge.
Und Desinfektionsmittel.
Und was man noch so zum Entfleischen und Entmarken gebrauchen kann.
Und Putzzeug, um benutzte Werkzeuge zu reinigen.
9 - Im Atelier stehen Knochenmänner- und Frauen.
Seit der Natronlauge fliegen keine Fliegen mehr.
10 - Auf der Telefonliste stehen Metzger, Polizei und Mediziner.
11 - Auf dem Herd stehen Knochen in Töpfen und kochen.
12 - In der Luft liegen vielerlei Gerüche.
Quer durch das ganze Haus.
So haben wenigstens auch andere was davon.

Kochen mit Hortense (II)

"Es ist im Moment nicht viel im Kühlschrank", sagte sie, "etwas Joghurt, glaube ich, und du könntest ein Glas Rollmöpse aufmachen. Ich bin mir sicher, wenn du es versuchst, gibt's eine Katastrophe, aber eigentlich ist es ganz unkompliziert. Der Haupttrick dabei ist, sie nicht auf den Boden zu schmeißen oder Marmelade drüberzukippen."

Douglas Adams - Der elektrische Mönch

Sonntag, 21. Oktober 2007

Ich bin eine böse Frau

"Warum?" schnieft ein kleiner Junge mit Tränen in den Augen.
"Das ist so. Die Frau darf das entscheiden und sie sagt 'Nein'. Ich kann nichts tun." erklärt die Mutter und schaut mich böse an.

So einfach geht das.
Ich bin schuld.
Dass Kartentelefone und die Handlung des Vorreservierens nicht nur erfunden wurden um die sadistische Ader der Kassenfrau einzudämmen sondern tatsächlich Relevanz haben und genutzt werden sollten scheint vielen Eltern fremd zu sein.
Aber macht ja nichts.
Denn da bin ja immernoch ich:
Ich, die böse Frau!

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Herbstmelancholie

Es rauscht, saust und knattert - der Heftigkeit der Geräusche nach könnten genausogut Kühe statt Blätter durch die Luft gewirbelt werden.
-
Ein von Ferne näherkommendes "muUUUUUUUUUUUHHHHH", welches von einem lauten Krachsplitterpeng-Geräusch (zuviele Wände und Fenster im Stuttgarter Westen um ungestört fliegen zu können) beendet wird. Aus den Augenwinkeln ein Hauch von Schwarz-Weiß.
-
Aber woher sollen in Stuttgart Kühe kommen? Ganz zu schweigen von Schafen, die mir persönlich noch lieber wären, allerdings auch weniger beeindruckend sind als fliegende Kühe.

Ein Herbststurm von der Art derer, die sich in just dem Moment ankündigten, in dem ich mein endlich wieder genesenes Fahrrad (die gemeinsamen Flugstunden hatten es deutlich mehr mitgenommen als mich, wofür ich vermutlich dankbar sein kann) startbereit vor das Haus stellte und aufbrechen wollte. Plobb. Plobb. Regentropfen auf der Jacke.
Seitdem regnet es immer, wenn ich versuche Rad zu fahren. Die Rache der zurückgestoßenen VVS?

Um dieses abendliche Gedankenchaos abzuschließen:
In solchen Momenten wie diesem jetzigen vermisse ich mein altes Dachschrägfenster.
Man kann sich in eine Decke wickeln, Kerze rechts, Teetasse links von sich, ein Buch in der Hand, und gedankenversonnen die Welt über sich betrachten während Gegenstände vorbeifliegen, Wolken sich zu ganzen Abenteuer- oder Gute-Nacht-Geschichten formieren, die Nachbarskinder sich im unsichtbaren Raum unter dem Fenster Blödsinn zurufen, und schließlich beobachten und hören, aber nicht spüren, wie es scheinbar auf einen hinunterregnet. Doppdoppdododoppp.

Dienstag, 16. Oktober 2007

Kochen mit Hortense (I)

Was tun, wenn nicht genug Feinzucker im Haus ist?
Rich-tich! Würfelzucker kleinreiben!

Montag, 15. Oktober 2007

Nachtfreuden

"Also, wenn man sich spät abends einen Film anschaut - die haben ja Werbung! Was die da miteinander machen! Da wird man ja sogar in unserem Alter noch rot!"

Eine ältere Dame in der U-Bahn, kichernd einer Freundin berichtend.

Sonntag, 14. Oktober 2007

Süchtig

Ein wundervoller Tag.
Ich liebe es, wenn ich nach dem Aufwachen nicht gleich aufstehen muss sondern trödeln darf.
Und im Idealfall sogar noch lesen.
Eine lange Zeit.
Bis mich der Hunger aus dem Bett treibt.
Ja, und so war das heute früh.
Anne Bax, "Wirklich ungeheuer praktisch". Auch bei wiederholtem Lesen sehr amüsant.
Nach ein wenig Hausarbeit und dem Frühstück wollte ich eigentlich nur noch kurz in ein Buch hineinstöbern - Arne Dahl, "Ungeschoren" - und was soll ich sagen.. Diverse Liter Tee, zusammengerechnet etwa eine Tafel Schokolade und ca. 400 Seiten später habe ich das Buch soeben ausbekommen.
Auch eine Art, den Sonntag zu verbringen.
Vielleicht nicht die schlechteste.
Wäre da nicht die "Muss getan werden!" - Liste, die neben mir liegt und mich schon den ganzen Tag böse anstarrt.

("Soll sie doch!" ruft ein freches Stimmchen in meinem Hinterkopf und schielt kichernd zum Bücherregal, auf der Suche nach einer Gute-Nacht-Lektüre.)

Samstag, 13. Oktober 2007

Fliegen lernen

Das nächste Mal bitte ohne Fahrrad.
Danke.

Gedankennotiz am frühen Morgen

Die Kunst besteht darin, sich zuerst winterfest anzuziehen und im Anschluss aufs Herrlichste mit Zahnpasta einzusauen.

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Vergangenheitsbewältigung

7.10.

Es gibt neue Comics auf dem Klo.
Stundenlang sitze ich dort und lese.
Es ist kalt, ungemütlich und zugig.
Aber Klo-Comic ist Klo-Comic.

6.10.

Technik die begeistert:

Schleier abkletten und an den Fisch verfüttern.
Maske auf den Scheitel ziehen, Gummiband über den Ohren verkeilen, Knie anwinkeln, Becken absenken, Maske frontal zum Publikum ausrichten, Arme hinter/über dem Rücken knicken.
Kleid über Brust bis zur Taille ziehen, Brustband aus Brustkuhle des Kleides ziehen und hinter dem Hals im ersten Loch zuknöpfen, aufpassen, dass die Schnüre nicht rausfallen oder sich verknoten.
Aufrichten, Kleid mit einem Ruck runterziehen, Gewicht verlagern, linkes Bein aus dem Kleid ziehen und breitbeinkniewinklig aufsetzen, rechtes Bein heben, Kleid über Fuß ziehen, Kleid Richtung Fisch schleudern, das Becken wieder absenken, breitbeinig gewinkelt stehen und bewegen.
Hinter dem Rücken nach den Schnüren tasten, aufziehen, Körper wellenartig zur Lockerung des Netzes bewegen, Schnur zum Fisch werfen, Netz in einer schwungvollen Bewegung zweihändig nach vorne auswerfen, offen schütteln, hochschmeißen, mit dem Kopf durch das Mittelloch tauchen, Arme hinter den Rücken bringen und abknicken.
-
Spielfertig!
(Und das alles in hochhackigen Schuhen..)

4.10.

Der Riese ist fort.
Wo er lag wächst kein Gras mehr, ein untrüglicher Beweis, dass ich mir seine Existenz nicht nur einbildete.
Aber: Fußspuren fehlen. Schleifspuren ebenfalls.
Was geschah?

Freitag, 5. Oktober 2007

Herausforderungen des täglichen Lebens

- nicht jeden, der mich vor dem Frühstück anspricht, anschnauzen
- nach Urlaubsende in ein Kleid passen, das vor dem Urlaub maßgeschneidert wurde
- mehrmals am Tag den neuen Feuersee-Straßenkreisel passieren ohne umgefahren zu werden
- den stehpinkelnden Mitbewohner davon überzeugen, dass Stehpinkeln ein ausreichender Grund ist um zum alleinigen Kloputzer ernannt zu werden
- zwei jeweils 3 Meter lange Bambusstäbe, an deren Ende ein gigantisches Bein befestigt ist, so an der Hüfte austarieren, dass
a) ich nicht umkippe
b) das Bein nicht umkippt oder jemanden (mich eingeschlossen) erschlägt
c) ich das Bein flexibel bewegen kann
d) ich nicht am nächsten Tag schmerzend und unschön blaufleckig bin

- dem Kaktus-Gieß-Drang widerstehen
- innerhalb von 14 Stunden eine Strecke von 1000km zurücklegen und zusätzlich
a) zwei Mal auftreten
b) begreifen, dass 1000km Fahrtstrecke nicht automatisch bedeuten, dass ich eine Reisetasche vollpacken muss oder jemanden zum Pflanzengießen benötige
- in Anwesenheit von Presse nicht auf Herrn Oettinger fallen
a) und besser auch auf niemand anderen
b) evtl. auch nicht in Abwesenheit der Presse

Verfolgungswahn

"Hast du Kinder?"
Nun also auch mein Nachbar.
Rund um mich herum brechen Schwangerschaften aus, sprechen Menschen von Kinderwunsch, erzählen Menschen von ihren Kindern, haben Frauen furchtbare Angst, schwanger zu sein.
Und ich?
Träume des Nachts von Schnellschwangerschaft und halben Fehlgeburten, denn immerhin bringe ich neben großen Mengen Bluts auch einen kerngesunden blondgelockten Kopf zur Welt.
Mein logikvernarrtes Unterbewusstsein stellt mir im Traum sogar noch einen bärtigen jungen Mann vor, der meint, er sei wahrscheinlich der Vater. Dass ich ihn noch nie zuvor gesehen habe scheint ihn nicht im geringsten zu stören. Der Wecker rettet mich vor weiterem.
Und nun reiht sich also auch mein Nachbar ein in den Kinderreigen.
Jede Zeit hat ihr Thema, und dieses Thema tut so, als sei es derzeit meins.
Tja.
Und was fange ich nun damit an?